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Christiane Baumgartner, Weststrand, Holzschnitt auf Kozo-Papier, 106x136 cm, 2020
Hans-Christian Schink, 4/10/2009, 4:11 pm – 5:11 pm, S 26°28.034'  E 018°16.142'

Gegenlicht. Christiane Baumgartner - Holzschnitt, Hans-Christian Schink - Fotografie

| Ausstellungseröffnung
Sächsische Akademie der Künste, Palaisplatz 3, 01097 Dresden

Christiane Baumgartner ist vor allem für ihre monumentalen Holzschnitte bekannt, die auf eigenen Filmen und Fotografien basieren und sich oft mit den Themen Krieg, Geschwindigkeit und Landschaft befassen. Mit dem Holzschnitt von Videostills verbindet Baumgartner die älteste mit der neuesten Form der Bildreproduktion. Die von Hans-Christian Schink gezeigten experimentellen Arbeiten vereinen zwei zentrale Aspekte der Fotografie: Licht und Zeit.

"Ich konnte das Licht der Sonne abbilden und zugleich das Vergehen von Zeit darstellen ohne dass dies im Foto auf den ersten Blick erkennbar und sofort nachvollziehbar wäre. Die Bilder zeigen eine ganz eigene Realität, die nur mit den klassischen Mitteln der Fotografie wahrnehmbar ist, was wiederum eine der Kernfragen des Mediums berührt, nämlich diejenige nach der Abbildbarkeit von Wirklichkeit." (Hans-Christian Schink)

Wolfgang Holler, Präsident der Sächsischen Akademie der Künste:

Mit den Holzschnitten und Radierungen von Christiane Baumgartner und den Fotoarbeiten von Hans-Christian Schink begegneten sich die herausragenden künstlerischen Positionen zweier neuer Mitglieder der Sächsischen Akademie der Künste.

Unter dem Motto »Gegenlicht« werden exemplarisch Werke von Christiane Baumgartner und Hans-Christian Schink aus mehr als zwanzig Jahren in einen assoziativen Kontext gerückt. Tatsächlich spielt das Licht in der Fülle seiner gestalterischen Ausdrucksmöglichkeiten bei beiden Künstlern eine tragende Rolle. Es strahlt zwischen den schwarzen Holzschnittlinien hindurch, es monumentalisiert die Gletscherformationen, es ist grellbunt, versteckt sich im Wald, brennt in der Wüste und wird in sein Gegenteil geführt, wenn es in den Fotografien als außerirdisch anmutende schwarze Linie erscheint.

Amsterdam, Los Angeles, die Antarktis, Golden Beach, Colditz, Namibia -  auf den ersten Blick scheinen Baumgartner und Schink fast harmlos Reise-impressionen aus aller Welt zu verarbeiten. Doch hinter dem ersten Eindruck wartet auf den Betrachter eine faszinierende Assoziationsfülle und, weiß man um die weiteren Zusammenhänge, eine beunruhigende Mehrdeutigkeit: Das Licht kennt viele Rollen, es kann wie die Zeit blitzschnell sein oder sich stundenlang dehnen; es kann sich wie in der lichtdurchfluteten Tunnelszenerie Christiane Baumgartners mit einer unbeherrschbar erscheinenden Geschwindigkeit verbinden (»Amsterdam«). Es kann einen gefährlichen Aspekt gewinnen, wie in dem Triptychon »Illumination«, wo das, was wie festlich leuchtend erscheint, auf Fernsehbilder von Propagandafilmmaterial der Alliierten aus dem Zweiten Weltkrieg zurückgeht. Oder es droht zu ersticken, wie im »Wald bei Colditz«, der sich als unheilverkündendes Dickicht erweist. Hans-Christian Schink wiederum thematisiert die Verschmelzung von Licht und Zeit, indem er den Weg der gleißenden Sonne schildert, die durch den Effekt der Solarisation in einer Stundenaufnahme zu einem abstrakt-schwarzen, Ufo-haften Streifen mutiert (»1h northern hemisphere«). Oder er zeigt eine grandiose Naturszenerie, in der Licht und Schatten mit beeindruckender Dramatik eingesetzt sind und das erhabene Motiv zugleich fragil erscheint und beklommen macht.

Das »Gegen« im »Licht« des Ausstellungstitels verweist nicht zuletzt auf die unerhörte Fähigkeit der Kunst in unseren »Bildkonsum« Widerhaken einzubauen, ein »Aber«, ein »Dahinter« und ein »Zudem« zu offerieren.