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Archiv-Schaufenster

Grüne Keramikkreuze mit Ausstechform © Sonja Zimmermann
„Spiegelbild eines Hauses“ im Dorfteich Fürstenau – von Eberhard Göschel initiierte Kunstaktion 1981 © Eberhard Göschel, Archiv der SAK
Installation des Grünen Kreuzes in der Kreuzkirche am 10. Juli 1983 © Bernd Lorenz

Grünes Kreuz – Zeichen der Umweltbewegung in Dresden vor 40 Jahren


Im Juli 1983 versammelten sich ca. 100.000 Christen zum Kirchentag der Sächsischen Landeskirche in Dresden. Zur Begrüßung wehte ein weißes Banner mit grünem Kreuz vom Versammlungsort, der Kreuzkirche. Für ein Thema des Kirchentages „Erste Hilfe für die Umwelt“ hatten die Organisatoren das Grüne Kreuz als Symbol entwickelt, wie Michael Beleites in seinem Buch „Dicke Luft zwischen Ruß und Revolte. Die unabhängige Umweltbewegung in der DDR“ (Leipzig 2016) berichtet. Der Ökologische Arbeitskreis der Dresdner Kirchenbezirke hatte wesentlich an der Vorbereitung des Kirchentages mitgewirkt. Es gab in der Kreuzkirche ein Podium „Unsere Enkel wollen auch leben“ sowie einen „Markt der Möglichkeiten“ mit Informationen zum Umweltschutz-Thema auf dem Lutherplatz der Dresdner Neustadt.

Erstmals wurden auch kleine Kreuze aus Keramik, die grün glasiert waren, zu diesem Kirchentag verteilt. An der Kleidung angenäht, sollten sie ein sichtbares Bekenntniszeichen der Anhänger der kirchlichen Umweltbewegung sein, ähnlich wie die zuvor in der Friedensbewegung verbreiteten, dann staatlich verbotenen Aufnäher „Schwerter zu Pflugscharen“. Zur Entstehungsgeschichte dieses Symbols hat nun Susanne Tabea Heydecke eine studentische Forschungsarbeit vorgelegt: Kirchliche Umweltbewegung in der DDR in den frühen 1980er Jahren. Die Initiative "Grünes Kreuz", Diplomarbeit an der Universität Halle 2023.

Susanne Tabea Heydecke stellt anhand neu zusammengetragener bzw. ausgewerteter Dokumente, Fotos und Zeitzeugenbefragungen dar, dass die Idee zum Grünen Kreuz und dessen Gestaltung von Eberhard Göschel (1943-2022) ausging. Göschel war als bildender Künstler seit 1978 Initiator mehrerer Kunstaktionen, die sich mit Natur und alarmierenden Umweltbedingungen auseinandersetzten. Ein Beispiel war die Aktion "Grüner Wald" im August 1985, in der Göschel gemeinsam mit Freunden durch Luftverschmutzung abgestorbene Bäume im Erzgebirge grün anstrich. Diese Land-Art führte zu einer massiven Verschärfung der operativen Bearbeitung Göschels durch die Staatssicherheit.

Auf dem Dresdner Kirchentag 1983 fertigte Göschel mit Freunden und Familienangehörigen aus Hunderten Salatköpfen am 10. Juli 1983 ein grünes Kreuz als Installation für den Altarraum der Kreuzkirche. Nach dem Hinweis des Landeskirchlichen Archivs in Dresden ist in der evangelischen Wochenzeitung „Die Kirche“, Jg. 38 Nr. 51, 18.12.1983 ein Bericht über das Lutherjahr und zwei Fotos (s/w) vom Dresdner Kirchentag (Quelle: LAD, Best. 19, Nr. 91) enthalten. Auf dem einen Foto ist das Grüne Kreuz aus Salatköpfen in der Kreuzkirche abgebildet.

Eberhard Göschels spätere Partnerin Sonja Zimmermann war zuvor mit der Fertigung hunderter Keramikkreuze befasst, die anders als die Kunst-Installation in der Kreuzkirche etwas Bleibendes waren. Im März 1984 verabschiedeten Vertreter christlicher Umweltgruppen in Wittenberg einen „Brief zum grünen Kreuz“, der die Menschen zur „Ersten Hilfe für die Umwelt“ durch Bekenntnis und Eigenverantwortung aufforderte.

Das Engagement des Künstler-Freundeskreises um Eberhard Göschel für das Anliegen der Umweltbewegung auf dem Dresdner Kirchentag erhält durch Heydeckes Arbeit eine informative Darstellung und erfreuliche Würdigung. Der Maler, Grafiker, Bildhauer und Aktionskünstler Eberhard Göschel gehörte seit 1996 bis zu seinem Tod im Dezember 2022 der Sächsischen Akademie der Künste an. Das Archiv der Akademie hat den schriftlichen Nachlass Eberhard Göschels übernehmen können. Dokumente zu Göschels Leben und Werk ebenso wie zu der von ihm mitbegründeten Obergrabenpresse, einer 1978 gegründeten selbstverwalteten Werkstatt und Galerie, wurden übernommen und werden für die zukünftige Nutzung erschlossen.

Gegenwärtig ist die Akademie-Ausstellung „Das Bild des Künstlers“ mit Werken von Eberhard Göschel und Fotos von Werner Lieberknecht und Lothar Sprenger bis 8. September 2023 am Palaisplatz zu erleben: SAK - Eberhard Göschel – Das Bild des Künstlers (sadk.de).

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